Montag, 28. Mai 2012

Vierter Blogeintrag


Madibeng School Project

Nach rund 6 Monaten unseres Jahres hieß es endlich, dass wir uns bei Lust und Laune zusätzlich zu unserer Arbeit im Kinderheim vormittags neue Projekte suchen können. Da habe ich schon die ganze Zeit mit dem Gedanken gespielt in einer Schule im Township zu unterrichten. Zum einen spukt schon seit geraumer Zeit das Hirngespinst Lehrer zu werden in meinem Kopf herum, zum anderen hat es mich sehr interessiert einmal zu sehen wie südafrikanische Schulen denn so funktionieren. Nach  gut drei Monaten konnte ich meinen Plan nun endlich in die Tat umsetzen.

Allerdings hat es eine ganz schön lange Anlaufzeit gebraucht bis ich nun seit gut zwei Wochen wirklichen „Unterricht“ geben kann. Dazu hatte die berühmte südafrikanische „wenn-nicht-heute-dann-morgen-oder-lieber-nächsten-Monat“ Einstellung einen großen Anteil. Während ich mich im Alltag schon komplett mit dieser gelasseneren Lebenseinstellung angefreundet habe und der deutschen „Korrektheit“ auf jeden Fall vorziehe, hat sie mich in diesem Fall teilweise echt zur Weißglut getrieben.

Joyce, Thami und Samuel - alle bei Abraham Kriel
Nachdem ich mich dem Direktor der Madibeng Primary School in Ikageng, in die auch ein paar meiner Jungs gehen, vorgestellt habe wurde es sehr schnell klar was ich denn in der Schule machen könnte. Und zwar gäbe es einige Computer und ich könne doch Computer-lessons geben. Davon war ich auch sofort überzeugt, vor allem nachdem ich einen Blick auf diese Computer geworfen habe. Zwar hat die Schule wirklich eine gute Ausstattung, allerdings wurde diese seit wahrscheinlich rund fünf Jahren nicht mehr benutzt und der „Computerraum“ wurde teils als Abstellkammer und teils als Ersatzklassenzimmer benutzt. Also hab ich mich daran gemacht erst einmal die Computer zu entstauben und mit einem PC-Fachmann wieder zu verbinden und alles wieder in Schuss zu bringen. Und dann habe ich gewartet. Ich habe ausgemacht immer Dienstag und Freitags ein paar der höheren Klassen zu unterrichten und ihnen die „basics“ in Sachen Computer zu zeigen. Also bin ich Dienstag und Freitag immer vormittags in die Schule gekommen und habe nach einem timetable gefragt und darauf gewartet, dass ein weiterer Fachmann kommt der das immer noch nicht funktionierende Netzwerk wiederherstellt. Ich glaube den Satz „we`re still waiting for that guy, he didn`t come“, habe ich jetzt schon gefühlt an die  zehntausend Mal gehört. Aber mit dem Wissen, dass wenn ich das jetzt nicht starte, die Computer auch noch die nächsten fünf Jahre in dieser Schule verstauben werden, bin ich einfach immer wieder gekommen.

Und wie schon gesagt seit rund zwei Wochen habe ich endlich wenigstens meinen Stundenplan und mache mit allen 5ten bis 7ten Klassen Computerunterricht. Das macht soweit auch richtig Spaß auch wenn alles noch ein bisschen chaotisch ist, da noch keine Klasse so recht weiß wann sie Unterricht bei mir haben und manche Klassen zwischen 40 und 50 Schüler haben. Außerdem wartet der Direktor, aber hauptsächlich eher ich, immer noch auf den „guy“ der das Netzwerk wiederherstellen soll, sodass ich bis jetzt leider immer nur noch Theorie machen kann. Aber immerhin – „it`s getting there!“

"mein" Computerraum in Aktion
ein paar der Madibeng-Kids aus dem Kinderheim und ich

CAFCA-music-project

Ein weiteres Project, das mehr oder weniger „zu mir“ kam, ist das CAFCA-music-project. CAFCA steht für „comitted artist for cultural advancement“ und ist ein Projekt aus Pretoria, bei dem Musiker auf freiwilliger Basis Kindern aus armen Verhältnissen, also meist aus dem Township, Musikunterricht geben. In anderen Städten, wie z.B. Pretoria, ist dieses Projekt auch schon so lange am Laufen, dass die Schüler auch schon richtig gut Instrumente spielen können und ganze Big Bands bilden. Und das obwohl bei jedem Schüler meist komplett bei null angefangen wurde. Ziel von CAFCA ist es, natürlich neben gute Musiker auszubilden auch die Kinder „von der Straße“ zu bekommen, sprich von dummen und kriminellen Aktionen abzuhalten und ihnen einfach was zu ermöglichen, wozu sie sonst nicht die Möglichkeiten hätten. In keiner Schule des Landes steht nämlich simpler Musikunterricht wie man ihn in Deutschland kennt auf dem festen Lehrplan.

Auf jeden Fall kam vor ein paar Wochen ein gewisser Mr. Molekane zu mir ins Kinderheim und hat mir CAFCA vorgestellt. Offenbar hatte er von einer anderen deutschen Freiwilligen, die mittlerweile schon wieder in Deutschland ist, von dem Kinderheim und per Zufall von meinen Gitarrenstundenversuchen gehört. Und er war von der ganzen Idee so viele Kinder wie möglich aus Abraham Kriel in das Projekt zu integrieren begeistert. Zugegebenermaßen hat es einige Zeit gedauert, bis er auch mich von der ganzen Geschichte begeistern konnte aber mittlerweile bin ich das auf jeden Fall!

Gift (einer meiner Jungs)
und einer der CAFCA-Lehrer
Wir machen nun mit 34 unserer Kinder,  Mittwochs hier im Kinderheim und Samstags im Township mit anderen Kindern aus Ikageng, die auch an dem Projekt teilnehmen, regelmäßig Musikstunden. CAFCA Potchefstroom steht im Gegensatz zu den Partnern in  anderen Städten noch ziemlich am Anfang. Genau das hat mich am Anfang ein bisschen skeptisch werden lassen, da noch so ziemlich überhaupt nichts organisiert war. Aber im Prinzip ist es genau richtig mit dem Kinderheimkindern am Anfang einzusteigen, so kann man mit dem ganzen Projekt wachsen. So hat mir das Flora, die mir bei der ganzen Organisation eine große Hilfe war, erklärt und ich muss ihr recht geben. Mittlerweile hat CAFCA uns sogar für fast jeden unserer Schüler einen „recorder“, also eine Blockflöte, gekauft und diese hat Mr. Molekane sogar aus eigener Tasche bezahlt. Er ist immer noch so begeistert von unseren Kids, dass er sogar den CAFCA-Leiter aus Pretoria schon ein paar Mal zu Stunden nach Potch geholt hat und dieser sich von der Begeisterung anstecken hat lassen. Was hier auch ein bisschen mitspielt, ist die Tatsache, dass die CAFCA-Lehrer sich richtig freuen, dass erstmals eine „gemischte“ Klasse zusammen gekommen ist, sprich schwarze und weiße Kids. Was für uns natürlich überhaupt keine Rolle spielt, ist für die Musiklehrer dagegen was Neues und zwar eine super Sache in Richtung Integration und so weiter.
Mr. Molekane (oben) beim Unterricht im Kinderheim

Ich habe sowieso das Gefühl, dass im Kinderheim so wie kaum woanders das Thema Hautfarbe überhaupt keine Rolle spielt. Zwar hat das eher den traurigeren Hintergrund, dass Eltern einfach egal welcher Hautfarbe in ihrer Elternrolle Totalversager sein können. Allerdings  find ich es einfach genial mit anzusehen, dass Alec als Schwarzer für ein „Burenkind“ so das absolute Vorbild sei kann, wo findet man das in diesem Land sonst?? Und in welchem Land sonst muss man über diese Thematik eigentlich so viel nachdenken wie hier…

Aber ich will jetzt auch nicht zu viel versuchen darüber zu philosophieren, jedenfalls habe ich vor Kurzem das erste Mal in meinem Leben Blockflötenunterricht gegeben und dass obwohl ich nur kurz zuvor das erste Mal eine Blockflöte in der Hand gehalten habe! :D

Auf jeden Fall hat dieses Projekt einiges an Potenzial und die Kids sind bis jetzt auch noch ziemlich Feuer und Flamme!
Thabo (auch aus Moria) während einer Unterrichtsstunde
in der Phaladi-School in Ikageng

Während dem Blockflötenunterricht im Kinderheim
(Supa, Felix, Jakes und Lucky, von links)