Dienstag, 20. Dezember 2011

zweiter Blogeintrag

Frohe Weihnachten!


Absolut verrückt, man sitzt am Pool, schmilzt gerade weg bei 36 Grad und muss sich bewusst machen, dass in ein paar Tagen Weihnachten ist. Alles in allem wird das vermutlich das merkwürdigste Weihnachten, das ich je hatte, geplant ist ein `lekker Braai‘ am Pool mit den noch übrig gebliebenen Kids. Die meisten sind über die Sommerferien, welche Anfang Dezember begonnen haben und bis Mitte Januar noch dauern, nach Hause oder zu „Ferienfamilien“ gegangen, so dass nur noch eine Handvoll Kids übrig sind. Zusammen mit Louis, Fiete und Chris mache ich die Kleinen von denen im Moment nur noch 12 da sind. Da ich normalerweise hauptsächlich ältere Jungs hab und meine Kleinen fast komplett weg sind über die Ferien ist das für mich eine super Gelegenheit auch einmal die Jungs von den anderen Häusern näher kennen zu lernen. Und da all die täglichen Routinen während der Schulzeit wegfallen, bleibt einem auch sehr viel Zeit um mit den Kids herumzualbern, was mit den Kleinen einfach tierisch Spaß macht! :D Außerdem haben wir auch ein Ferienprogramm uns überlegt, so dass wir ein paar coole Aktionen starten können, wie zum Beispiel ins Kino zu gehen, eine Poolparty mit „skinny Dip“ zu schmeißen oder nach Johannesburg in den Zoo zu fahren. Heute zum Beispiel kamen ein paar Polizeiautos, ein Feuerwehrauto, Krankenwägen und ein Polizeihelikopter zu Besuch und haben den Kids die ganzen Gerätschaften gezeigt, was vor allem die kleinen Jungs richtig gefeiert haben. Außerdem wollen wir die Wochen noch mit den Jungs eine Nacht campen gehen und dann ist auch schon Weihnachten da! Alles in allem genieße ich die Zeit gerade richtig, vor allem immer mit der Aussicht auf den 28. Dezember im Hinterkopf: Da geht’s für uns Jungs nämlich runter nach Kapstadt, da endlich unser Urlaub anfängt. Und wir gehen die Sache doch mit recht großen Erwartungen an, da uns von allen ehemaligen Freiwilligen der Sommerferienurlaub als DER stärkste Urlaub schlechthin angepriesen wurde! :D Nach vier Tagen Kapstadt, wo wir auch Silvester feiern werden, geht es dann die Küste wieder hoch zurück nach Potch. Aber davon werde ich auf jeden Fall noch ausführlich berichten, wenn wir wieder da sind.



im Zoo in Joburg
Eine Sache, die uns erzählt wurde und sich auf jeden Fall bewahrheitet hat, ist dass man drei ca. drei Monate braucht um richtig reinzukommen und sich einzuleben. Und nach den mittlerweile vier Monaten hier kann ich das wirklich zu hundert Prozent unterstützen. Nicht nur, dass man mittlerweile in allen Routinen des Kinderheims vollkommen drin ist, die Arbeit einfach selbstverständlich geworden ist und man sich weit weniger stresst als zu Beginn und man immer mehr Leute kennen lernt  – mittlerweile ist dieses Land einfach zu einer zweiten Heimat geworden. Auch erhält man immer öfter einen Einblick in die verschiedenen Kulturen dieses Landes, wofür ich extrem dankbar bin und was ich sehr feier. Was das ganze so brisant macht, ist einfach immer noch der große Unterschied zwischen schwarz und weiß. Und wir bekommen auch von beiden Seiten sehr viel mit, was sehr wichtig ist um das ganze irgendwie fassen zu können. So waren Louis und ich zum Beispiel  vorletztes Wochenende auf einer Farm in der Nähe von Kimberley eingeladen und die Familie, bei der wir zu Gast waren, war einfach durch und durch „burisch“. Allein die Farm, ein rießiges Stück Land auf dem Viehzucht betrieben wird und auch eine Diamantenmine betrieben wird ist genau das, was die „Buren“ des Landes ausmacht: Wie zu den ersten Besiedlungszeiten sind die Leute hier einfach Bauern und suchen nach Bodenschätzen. Natürlich den heutigen Zeiten angepasst, so befinden sich einfach Quads und Jetskis im Besitz der Familie, welche wir auch fahren durften und einfach unglaublich Hammer sind! :D Insgesamt wurde uns gegenüber unglaublich viel Gastfreundschaft entgegengebracht und das alles obwohl wir die Bekanntschaft mit der Tochter des Familienoberhaupts erst vor Kurzem gemacht haben und wir die Leute überhaupt nicht kannten. Aber wir wurden herzlich zum Braai mit der ganzen Familie eingeladen und neben Quad und Jetski stand auch eine Kajaktour auf einem unglaublich schönen Flusslauf, welcher auch noch zu der Farmfläche gehört auf dem Programm. Und es war echt sehr interessant einen Einblick in das Farmleben zu haben, die ganze Familie steht sich sehr nahe, die drei Söhne sind alle auf der Farm geblieben um im Familienbetrieb zu arbeiten und haben zum Teil auch ihre eigene Familie schon mitgebracht. Aber trotz all der Gastfreundschaft hab ich mich da nicht so wirklich wohl gefühlt, die Einstellung ist einfach komplett anders zu allem was man kennt und eben typisch „burisch“.

Quad-Fahren in der Diamanten-Mine
So gehen zum Beispiel  alle Männer der Familie auch gerne auf dem eigenen Land jagen und zu bestimmten Themen haben wir lieber geschwiegen, welche sich – natürlich – auf die Thematik schwarz und weiß bezogen haben. Laut dem Vater, dem im wahrsten Sinne des Wortes Familienoberhaupts, zum Beispiel ist es durchaus in Ordnung mit „black people“ befreundet zu sein, aber man sollte sich nicht mit ihnen vermischen, das heißt heiraten etc. Ein Spruch hat mich echt schlucken lassen: „I believe that God made the blacks and the whites separated.” Ohne Worte…  Natürlich hab ich mir einen Kommentar dazu lieber gespart, aber nach diesem Wochenende habe ich auf jeden Fall wieder eine „schwarze Erfahrung“ gebraucht! 


So kam es perfekt, dass wir von Alec, meinem child care worker, und dessen Frau Flora zu einer Hochzeit in Ikageng eingeladen wurden. Und das war einfach unglaublich und unbeschreiblich. Allein das Gefühl, wenn man ins Township fährt ist der Wahnsinn. Es ist immer etwas los, überall sind Leute unterwegs und vor allem am Wochenende sitzen überall die Leute im Garten, auf der Straße vor dem Haus und machen das, was so etwas wie das Motto des Townships ist und das Lebensgefühl der Leute super widerspiegelt: „They are enjoying themselves!“  Man fühlt sich einfach wohl wenn man nach Ikageng fährt… Die Hochzeit war auch sehr stark zu erleben, einfach neben dem kleinen Haus in einer nicht sehr reichen, aber auch nicht sehr armen Gegend Ikagengs war im Garten ein Zelt aufgebaut, laute Musik und lauter tanzende Menschen. Und wieder wurden wir unglaublich gastfreundlich empfangen, aber diesmal irgendwie sehr viel wärmer und „ehrlicher“. Es wurde uns sofort Essen angeboten, die Leute waren sehr interessiert an einem und die Atmosphäre war der Hammer, vor allem da man einen super Ausblick auf das Lichtermeer Ikagengs hatte. Eigentlich wollten wir dann mit ein paar Kumpels von Alec noch ein bisschen feiern gehen, aber sind dann bis zwei Uhr nachts oder so bei der Hochzeit geblieben, weil das einfach auch Feier pur war. Die Leute haben so viel getanzt und nicht einfach nur getanzt – der Ausdruck „den Rhythmus im Blut haben“  bekommt in Südafrika eine ganz andere Bedeutung. :D Selbst die kleinen Kinder können sich Hammer bewegen so dass man sich daneben mit seinen Tanzbewegungen echt wie der letzte Idiot fühlt. :D Dann wurde uns auch noch ein selbstgebrautes Bier angeboten, was man leider auch gleich mehrmals probieren musste und, naja sagen wir mal sehr interessant gescheckt hat. Ich will gar nicht wissen was da alles reingepanscht wurde, die Info das Pineapples und zwei Tage Brauzeit eine Rolle spielen hat mir vollkommen gereicht. :D
Auf der ersten Hochzeit zusammen mit Collin (ein Kumpel von Alec),
 Louis, mir und Flora

Flora und Alec

Das war die zweite Hochzeit, auf die uns Alec und Flora mitgenommen haben, die erste war schon etwas reicher, aber die Tänze und die Gastfreundlichkeit waren auf jeden Fall die gleichen. Auch suchen wir mittlerweile immer öfter den Weg ins Township und man lernt immer mehr Leute kennen und in Ikageng lässt es sich einfach um einiges besser feiern gehen als in den üblichen „weißen Clubs“.

Meine bislang wohl doch prägendste Erfahung hatte ich mit John Njanjala, meinem ältesten Jungen, der mittlerweile leider aus dem Kinderheim raus ist. Er hat dieses Jahr die Schule abgeschlossen und fängt nächstes Jahr einen Job an, dem ihn Laurens, der social worker und sozusagen „Marketing-Chef“ von Abraham Kriel und auch privat ein super lustiger Typ, verschafft hat. Das ist schon eher unüblich, aber Njanjala ist einfach ein klasse Kerl. Ich habm ich auch sehr gut mit ihm verstanden, der Junge ist einfach super lustig und immer gut drauf gewesen. Ich hab mit ihm zusammen auch eine Abschlussrede für das Price-Giving seiner Schule geschrieben, da er das letzte Jahr Headboy seiner Schule war, was schon alles sagt. Mussten wir auch sehr oft zusammen üben, die Rede, aber als es ernst wurde hat er es super hinbekommen, ich  war schon ein bisschen stolz. ;) Auf jeden Fall hab ich ihn dann an seinem letzten Tag im Kinderheim nach Hause gefahren, zu seiner Schwester nach Ikageng. Da hat er mir auch das Haus gezeigt in dem er aufgewachsen ist. Und das waren schon echt sehr arme Verhältnisse, vor allem mit einem Vater, der sich kaum um ihn schert und immer Geld von ihm will wenn er ihn sieht und ein echt kleines Häuschen. Das macht es nur umso beeindruckender, wie der Kerl sich gemacht hat und seine Einstellung zum Leben und ich bin echt froh, diesen Kerl kennen zu dürfen und auch stolz von ihm sein Elternhaus gezeigt bekommen zu haben.

So kurz vor Weihnachten wird man auch ein bisschen nostalgisch, man vermisst schon seine Leute zu Hause, seine Familie und die Freunde, auch wenn ich hier so super Menschen kennen lerne und wir Deutschen, vor allem wir vier Jungs, uns super stark verstehen! Ich weiß nicht ob ich es schon erwähnt habe, aber ich fühle mich doch schon sehr wohl hier in Südafrika. ;)

Euch allen Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch, werde an euch alle von Kapstadt aus denken!

                                   



Ein paar von meinen Jungs und ich nach dem Price-Giving
der 'die Wilge - school' (rechts neben mir John Xolile Njanjala)
 
Schools-out-party für die größeren Kids mit dem Motto Bad-Taste
ebenfalls von besagter party